Nur eine saubere Wunde kann heilen

Kleine Wunden sind schnell passiert: beim Sport, zu Hause oder bei der Arbeit. Wie  behandelt man solche Verletzungen am besten? Dr. med. Sabine Heselhaus, Fachärztin für Chirurgie, gibt Auskunft zur korrekten Wundversorgung.

Auf dass Notfälle niemals eintreten mögen. Doch Unfälle sind schnell passiert, und nicht immer ist auf Knopfdruck das nötige Wissen zur Wundbehandlung abrufbar. Was also tun bei solchen Verletzungen? Dr. med. Sabine Heselhaus weiss, was am besten hilft. Sie ist Chirurgin und hat sich auf die Heilung komplexer Wunden spezialisiert. Der «samariter» hat sie gefragt, wie man die häufigsten Wunden richtig verarztet. «Grundsätzlich sollten Wunden wenn möglich nur mit Schutzhandschuhen versorgt werden», sagt Sabine Heselhaus, «denn zum einen besteht bei offenen Verletzungen eine grosse Infektionsgefahr und zum anderen muss sich die helfende Person vor Kontamination, zum Beispiel mit Hepatitis B und HIV, schützen.»

Im Grunde genommen wiederholt sich das Vorgehen bei allen Arten von Wunden. «Reinigen, desinfizieren und steril abdecken», betont Heselhaus. In der modernen Wundbehandlung sind folgende Faktoren zu beachten: Wunden heilen in einem optimalen Milieu besser und schneller. Dabei darf die Wunde nicht austrocknen, aber auch nicht zu feucht sein. Je nach Stadium der Wundheilung muss dann das Verbandsmaterial angepasst werden. Die Empfehlung der Fachärztin: «Wunden können aber imWISSEN mer noch wie früher mit einer sterilen Gaze, die mit einer physiologischen Kochsalzlösung befeuchtet ist, verbunden werden. Dann sollte der Verband aber täglich gewechselt werden. Um das Austrocknen oder Anheften am Wundgrund zu verhindern, kann man auch ein Hydrogel auf die Gaze nehmen.»

Schürfwunden

Schürfwunden sind meist die Folge eines Sturzes. Knie, Handfläche, Ellenbogen und Gesicht sind besonders oft betroffen. Meist handelt es sich um harmlose, oberflächliche Verletzungen. «Trotzdem können sie sehr schmerzhaft sein», sagt Sabine Heselhaus. Was tun? «Die Schürfwunde sollte von Schmutz gereinigt werden. Dazu eignen sich am besten sterile physiologische Kochsalzlösungen oder antiseptische Wundspüllösungen und sterile Gazekompressen; grobe Fremdkörper wie Steinchen können mit einer Pinzette oder Handschuhen entfernt werden. Nur im Notfall und bei sehr stark verschmutzten Wunden sollte mit Leitungswasser gespült werden, da das Leitungswasser durch die Leitungsrohre verkeimt sein kann und so die Wunde zusätzlich kontaminiert wird. Wichtig ist deshalb immer, die Wunden nach der Reinigung gut zu desinfizieren. Kleine, nur oberflächliche Schürfwunden kann man dann anschliessend an der Luft trocknen lassen, und es bildet sich ein Wundschorf. Diese Kruste schützt die Wunde und fällt in der Regel nach abgeschlossener Wundheilung von selbst ab. Grössere und vor allem tiefere Schürfwunden sollten mit einer nicht klebenden sterilen Wundauflage abgedeckt werden. Dazu eignen sich zum Beispiel spezielle Gazen, die mit einer desinfizierenden Salbe getränkt sind.

Schnitt- und Stichwunden

Bei Schnitt- oder auch Stichwunden können Strukturen wie Blutgefässe, Nerven oder Sehnen verletzt sein, und die Wunde kann stark bluten. «Ist eine Arterie betroffen, kommt es zu pulsierenden Blutungen.» Bei einer starken Blutung einen Druckverband anlegen, und bei pulsierenden Blutungen den Rettungsdienst aufbieten. «Die Wunden müssen meist chirurgisch versorgt und genäht werden.» Verletzungen mit einem Messer oder mit einem anderen scharfen Gegenstand sind gemäss Sabine Heselhaus heikel, denn man weiss nie, welche Organe in der Tiefe mit verletzt sind. Das kann sogar lebensbedrohlich sein oder im Verlauf schlimme Infektionen zur Folge haben. «Tiefere Wunden also steril abdecken, Fremdkörper nicht entfernen und Wunde ärztlich versorgen lassen.» Eine leicht klaffende Schnittwunde der Haut kann nach Desinfektion mit einem Klammerpflaster versorgt werden, grössere Schnittwunden sollten innerhalb von sechs Stunden genäht werden.

Platzwunden

Ein stumpfer Schlag oder ein kräftiger Stoss – schon platzt die Haut auf. «Häufig entsteht die Platzwunde dort, wo die Haut unmittelbar auf dem Knochen liegt, besonders an Kopf und Stirn, an den Augenbrauen oder am Ellbogen», ergänzt Heselhaus. Durch die Verletzung kommt es häufig zu einer starken Blutung, besonders an der Kopfhaut. «In erster Linie ist die Blutung zu stoppen. Dazu reichen in der Regel steriles Verbandsmaterial, Gaze oder Tupfer, den man mehrere Minuten auf die Platzwunde drückt.» Manchmal hat es im Verbandskasten auch sterile, blutstillende Watte, die man direkt auf die Wunde legt und dann mit einer Gaze darüber auf die Wunde drückt. Bedrohlich ist die Verletzung selten, es sei denn, der Unfallhergang und die Heftigkeit des Schlages könnten auch zu einer Verletzung der darunterliegenden Strukturen wie Knochenbrüchen oder Gehirnerschütterung geführt haben. Kleinere Platzwunden kann man nach dem Desinfizieren mit einem Klammerpflaster zusammenziehen, sie heilen meist gut. «Ein Arzt sollte dann aufgesucht werden, wenn die Wundränder weit auseinanderklaffen oder die Blutung nicht gestoppt werden kann», erklärt Heselhaus.

Prellungen/Quetschwunden

Nach stumpfer Gewalteinwirkung auf den Körper kann es durch Gewebeverletzungen unter der Haut zu einem Bluterguss (Hämatom) kommen. Dabei können sich auch grössere Mengen Blut im Gewebe verteilen, ohne dass es anfänglich zu einer auffallenden Schwellung kommt. «Sollte sich ein grösseres, fluktuierendes Hämatom bilden oder wenn es zum Beispiel am Unterschenkel zu einer Schwellung im Bereich der Muskellogen kommt, ist manchmal ein chirurgischer Eingriff unumgänglich.» An den Extremitäten kann es nämlich durch Schwellung des raumfordernden Hämatoms zu Durchblutungsstörungen der Lähmungen durch Druck auf Blutgefässe oder Nerven kommen. Akut empfiehlt sich eine Behandlung mit kalten Umschlägen, Kühlbeuteln oder Cold Packs sowie  gegebenenfalls ein leichter Kompressionsverband. Die Kühlung reduziert das Einbluten und lindert die Schmerzen.

Quelle: Paolo D’Avino, Magazin «samariter», Ausgabe 1/22

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