«Darauf kannst du Gift nehmen»

Gifte und Chemikalien finden sich vielerorts: in der Natur, in verdorbenen Lebensmitteln genauso wie im Haushalt. Schnell wird aus einem harmlosen Duftöl oder einem Putzmittel eine unterschätzte Gefahr. Denn gerade Kinder entdecken die Welt übers Probieren.  Vergiftungen und Verätzungen sind die Folge.

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Text: Petra Zenhäusern / Quelle: «samariter», Ausgabe 10/2014

Wohlriechende Düfte verleiten zum Trinken der Flüssigkeit. Kosmetika und Medikamente werden beim Spielen ausprobiert. Kinder sind neugierig und entdecken ihr Umfeld durch Anfassen und Probieren. Die Gefahren können sie nicht einschätzen und schnell ist eine Vergiftung oder eine Verätzung geschehen.

Wie die Statistik 2013 des toxikologischen Informationszentrums zeigt, betrafen über 53 Prozent der Vergiftungsfälle Kinder (s. Tabelle). Die meisten Vorfälle waren in der Altersklasse der Kinder unter fünf Jahren zu verzeichnen (44,2 Prozent). Die meisten Giftkontakte erfolgten mit Medikamenten (36,1 Prozent), gefolgt von Haushaltprodukten (27,1 Prozent) und Pflanzen (8 Prozent).

Giftige Gefahren im Haushalt
Spülmittel in der Küche, Dünger im Garten, Medikamente im Badezimmer oder Lösungsmittel in der Werkstatt: Im Haushalt lauern zahlreiche giftige Gefahren. Je weniger Gifte und  Chemikalien verwendet werden, desto geringer sind die Unfallgefahr und Umweltbelastung. Gerade wenn Kleinkinder im Haushalt leben, ist grösste Vorsicht geboten. In diesem Alter hilft die Aufklärung wenig und die Kinder müssen mit anderen Mitteln geschützt werden. So rät die bfu Folgendes:

  • Gesundheitsgefährdende Produkte wie beispielsweise Medikamente, Kosmetika, Duftöle, Wasch- und Putzmittel in abgeschlossenen oder für Kinder unerreichbaren Orten lagern.
  • Kinder bei Putzarbeiten niemals unbeaufsichtigt in die Nähe der Reinigungsmittel lassen – auch nicht für kurze Zeit.
  • Kindern ausdrücklich verbieten, Pflanzen und Beeren zu essen, wenn ein  Erwachsener sie nicht zuerst begutachtet hat.
  • Kindern nur Spielzeuge mit unbedenklichen Farben, die der Norm EN71 entsprechen, zum Spielen überlassen.
  • In der Nähe von Kleinkindern keine Tabakwaren herumliegen lassen.

Aber nicht nur Kinder, sondern auch die Erwachsenen müssen sorgsam mit möglichen Giften umgehen:

  • Chemikalien und Medikamente in der Originalverpackung aufbewahren; Chemikalien auf keinen Fall in Getränkeflaschen umfüllen.
  • Warnaufschriften beachten und Gebrauchsanweisungen befolgen.
  • Überflüssige sowie ungebrauchte Chemikalien und Medikamente regelmässig den Verkaufsstellen zur Vernichtung zurückbringen.
  • Beim Umgang mit gesundheitsschädigenden Substanzen Schutzhandschuhe tragen, bei starken Säuren und Laugen zusätzlich eine Schutzbrille.
  • Bei Dämpfen für eine gute Belüftung sorgen.

Um die Gesundheit und die Umwelt zu schützen, werden giftige oder sonst  gesundheitsschädliche Chemikalien mit bestimmten Warnsymbolen gekennzeichnet. Die  Gefahrensymbole auf den Verpackungen geben Aufschluss über die Sicherheitshinweise. Seit 2012 werden weltweit einheitliche Symbole Gut zu wissen verwendet (s. Übersicht Gefahrensymbole).

Gifte in der Natur
Doch nicht nur im Haushalt, sondern auch draussen warten einige Gefahren auf die Menschen. Die Natur bringt neben Essbarem auch giftige Beeren, Pflanzen und Pilze hervor. Gerade Kindern soll erklärt werden, dass sie unbekannte Beeren und Früchte nicht essen dürfen. Garten und Spielbereich der Kinder werden am besten regelmässig genau angeschaut. Offizielle Kontrolleure überprüfen gesammelte Pilze. Eine Liste der Pilzkontrollstellen der Schweiz ist auf www.vapko.ch zu finden.

Symptome von Vergiftungen
Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen kann es zu einer Vergiftung kommen. Giftige Substanzen wie Medikamente, Haushaltsgifte oder Rauschmittel können über die Verdauungswege, Atemwege, die Blutbahn oder die Haut aufgenommen werden. Auf allen vier Wegen gelangen diese in das Blut, so dass eine Schädigung des gesamten Organismus möglich ist. Vergiftungserscheinungen können je nach Gift sehr unterschiedlich sein. Folgende Symptome weisen auf eine Vergiftung hin:

  • Schmerzen
  • Unwohlsein
  • Plötzliche Übelkeit, Erbrechen
  • Durchfall
  • Atem- und Kreislaufstörungen: Schock, Pulsbeschleunigung oder -verlangsamung
  • Psychische Störungen, v. a. bei Rauschzuständen: Aggressivität, Depressionen, High-sein

Die Kombination von Bewusstseinsstörungen und Erbrechen ist für den Vergifteten gefährlich.

Erste-Hilfe-Massnahmen
Unterschieden wird zwischen einer Vergiftung, die durch Einnahme von Giften und Chemikalien entsteht oder aber durch Einatmen von giftigen Substanzen. Wenn giftige  Mittel eingenommen werden, darf der Patient nichts trinken. Auch das Auslösen von Erbrechen ist nicht empfohlen. Nach der Einnahme von ätzenden Mitteln, Benzin und Petrol oder schäumenden Produkten kann es sogar gefährlich sein, da jenachdem die Speiseröhre zusätzlich geschädigt werden kann oder Aspirationsgefahr herrscht. Der Patient soll betreut und überwacht werden.

Werden Gifte eingeatmet, ist ein entsprechender Selbstschutz und frische Luft wichtig. Es gilt jedoch Vorsicht bei geschlossenen Räumen, Silos, Gärkellern oder Jauchegruben. Das Tox-Zentrum hilft unter der Telefonnummer 145 weiter und gibt entsprechende Anweisungen. Eine Therapieform ist die frühzeitige und in genügender Menge  eingenommene Menge von Medizinalkohle. Diese bindet die meisten Giftstoffe und Medikamente im Magendarmtrakt. Bei Vergiftungen ist Kohle nur in flüssiger Form genügend wirksam (als trinkfertige Suspension oder selbstangerührtes Puder). Kohle ist in Apotheken und Drogerien erhältlich; Kohletabletten und Kapseln sind zur Herstellung der Suspension nicht geeignet. Die ideale Dosierung beträgt 0,5 bis 1,0 Gramm Aktivkohle pro Kilogramm Körpergewicht. Hat ein Kind oder eine erwachsene Person ein Shampoo, Schaumbad oder Handabwaschmittel eingenommen, hilft ein Mittel gegen die Schaumbildung (z. B. Flatulex).

Verätzungen nach Hautkontakt
Bei Verätzungen kann Gewebe sehr schnell zerstört werden. Dabei werden Haut oder Schleimhäute durch chemische Stoffe, in der Regel starke Säuren oder Laugen, verletzt. Zurück bleiben schlecht heilende Wunden und eine entsprechende Vernarbung des  Gewebes. Bei einem Patienten, der eine Verätzung erlitten hat, ist es wichtig, dass sich der  Retter nicht selber gefährdet (Selbstschutz). Verätzte Kleidungsstücke müssen rasch entfernt und betroffene Hautpartien sowie deren Umgebung während mindestens 15  Minuten unter fliessendem Wasser gespült werden. Bei einem Spritzer ins Auge muss dieses sofort während mindestens 15 Minuten unter fliessendem Wasser gespült werden. Die Augenlider des Patienten müssen dabei gut offen gehalten werden. Wichtig ist, dass von der Nase weg nach aussen gespült wird, da sonst das Wasser über das gesunde Auge fliesst. Das Auge reagiert bei Eindringen von Fremdkörpern oder Spritzern grundsätzlich mit dem Schliessen des Lides. Daher ist das Spülen des Auges sehr schwierig und braucht oft eine lokale Anästhesie im Spital.

Quelle: Beratungsstelle für Unfallverhütung, bfu
www.cheminfo.ch und SSB-Ratgeber «Notfälle bei Kleinkindern»

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